Artikulationsstörungen (Phonetische Störungen / Dyslalie)
Wenn es Abweichungen in der Aussprache von Lauten oder Lautverbindungen gibt, spricht man von Artikulationsstörungen. Diese zeigen sich durch Schwierigkeiten in der Sprechmotorik. Häufige Erscheinungen sind der Sigmatismus (Lispeln), bei dem die /s/-Laute nicht korrekt gebildet werden, und der Schetismus, bei dem der Laut /sch/ betroffen ist. Die Störung kann jedoch auch andere Laute betreffen.
Oft liegen zusätzlich Schwächen der Lippen-, Kiefer- und Zungenmuskulatur vor, und es fehlt eine ausreichende Wahrnehmung dieser Strukturen.
Die Therapie beginnt damit, dass der entsprechende Laut mithilfe verschiedener Techniken „angebahnt“ und erlernt wird. Bei Kindern geschieht dies häufig durch den Einsatz therapeutischer Spiele und muskelstärkender Übungen. Ziel ist schließlich die Generalisierung des korrekt artikulierten Lautes in der freien Sprache des Kindes.
Artikulationsstörungen äußern sich dadurch, dass Laute nicht altersgemäß und situationsgerecht sauber gebildet und verwendet werden. Betroffen sein können sowohl einzelne Laute als auch ganze Lautgruppen. Diese können fehlerhaft ausgesprochen, durch andere Laute ersetzt oder ganz weggelassen werden.
Welche möglichen Ursachen hinter Artikulationsstörungen stehen, erfahren Sie im Abschnitt „Was sind die Ursachen von Artikulationsstörungen?“.
Handelt es sich um funktionelle Aussprachestörungen, also Störungen ohne nachweisbare organische Ursachen, lässt sich Folgendes unterscheiden:
Phonetische Störung
Diese Form wird als Sprechstörung eingeordnet. Dabei bestehen artikulationsmotorische Schwierigkeiten: Die motorische Fähigkeit, einen Laut korrekt zu bilden, ist nicht vorhanden. Entsprechend kann der betroffene Laut auch in isolierter Form nicht richtig ausgesprochen werden, weshalb man auch von einer Lautbildungsstörung spricht.
Phonologische Störung
Diese Störung wird als Sprachstörung eingeordnet. Zwar kann der betreffende Laut isoliert korrekt gebildet werden, jedoch besteht eine Schwierigkeit in seiner richtigen Anwendung im Sprachgebrauch. Daher spricht man auch von einer Lautverwendungsstörung.
Phonetisch-phonologische Störung
Hierbei treten beide Formen kombiniert auf.
Die Symptome einer Artikulationsstörung können sehr vielfältig sein. Ein bekanntes Beispiel ist das sogenannte Lispeln, bei dem die Zunge zwischen die Zähne rutscht – im Deutschen ist dies für keinen Laut erforderlich, anders als im Englischen. Auch das Vertauschen oder das Auslassen von Lauten zählt zu den typischen Anzeichen.
Dabei sollte berücksichtigt werden, dass die Sprachentwicklung in verschiedenen Stufen verläuft und bestimmte Laute erst ab einem gewissen Alter erworben werden. Verzögert sich dieser Erwerb, kann daraus ebenfalls eine Artikulationsstörung entstehen. So wird beispielsweise aus einer Kartoffel eine Tartoffel, da der Laut /k/ in der Regel später erlernt wird als der Laut /t/.
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- Um die Symptome von Artikulationsstörungen klarer einordnen zu können, ist zunächst eine Definition erforderlich. Nach Fox und Dodd lassen sich Artikulationsstörungen in vier Gruppen unterteilen:
Phonetische Artikulationsstörung - Phonologische Verzögerung
- Konsequente phonologische Störungen
- Inkonsequente phonologische Störungen
Bei einer phonetischen Artikulationsstörung, auch als Lautbildungsstörung bezeichnet, ist die korrekte Lautbildung des Kindes im Rahmen der sprachlichen Entwicklung beeinträchtigt. Mögliche Ursachen können in einer insgesamt gestörten motorischen oder taktilen Entwicklung liegen, die sich auf die Koordination und Steuerung der Gesichtsmotorik auswirkt. Weitere Ursachen sind Veränderungen an den Artikulationsorganen, wie den Lippen, der Zunge oder dem Gaumensegel.
Die fehlerhafte Lautbildung fällt meist akustisch auf und betrifft vor allem die Konsonanten.
Die häufigsten phonetischen Artikulationsstörungen sind:
Sigmatismus
"Mein Kind lispelt!"
Beim Sigmatismus, dem umgangssprachlichen Lispeln, sind die Laute /s/ und /z/ betroffen. Je nachdem, ob die Zungenspitze bei der Artikulation an den oberen Zähnen oder zwischen den Zahnreihen liegt, unterscheidet man verschiedene Formen des Sigmatismus. Bei einer dritten Form strömt die Luft beim Sprechen an den Seiten der Zunge aus.
Ein Sigmatismus tritt häufig in der Vorschulzeit auf und sollte frühzeitig behandelt werden, damit sich die Störung nicht bis in die Grundschulzeit fortsetzt.
Schetismus
"Mein Kind kann das ‚sch‘ nicht sprechen!"
Beim Schetismus ist die Bildung des Lautes /sch/ gestört. Dabei strömt die Luft seitlich an der Zunge vorbei, und das Kind ersetzt den Laut durch andere Laute.
Bei einer phonologischen Artikulationsstörung ist die korrekte Verwendung von Sprachlauten beeinträchtigt. Es handelt sich dabei um eine Sprachstörung. Häufig können viele Laute isoliert korrekt gebildet werden, doch ihre richtige Platzierung innerhalb von Wörtern und die Organisation im Satz gelingt dem Kind nicht.
Dadurch kommt es zum Ersetzen, Vertauschen oder Auslassen von Lauten, was die Verständlichkeit der Sprache erheblich beeinträchtigen kann.
Liegt die phonetische Störung isoliert vor, gehört sie zu den Sprechstörungen. Oft tritt sie jedoch in Kombination mit einer phonologischen Störung auf, die wiederum den Sprachstörungen zugeordnet wird.
Bei den phonologischen Artikulationsstörungen unterscheidet man drei Ausprägungen:
Phonologische Verzögerung
Bei einer phonologischen Verzögerung hat das Kind Schwierigkeiten bei der Lautverwendung, die im Rahmen der normalen Sprachentwicklung zunächst bei vielen jüngeren Kindern auftreten. Von einer Verzögerung spricht man, wenn diese Schwierigkeiten untypisch für das aktuelle Alter sind und eher in jüngeren Entwicklungsstufen vorkommen.
Ab einer Verzögerung von mehr als 6 Monaten gilt die Störung als auffällig.
Konsequente phonologische Störung
Eine konsequente phonologische Störung zeigt sich durch systematische Schwierigkeiten bei der Lautverwendung, die in der normalen Sprachentwicklung nicht auftreten. Ursache ist häufig eine Unsicherheit beim Erkennen und Unterscheiden der Laute.
Inkonsequente phonologische Störung
Bei einer inkonsequenten phonologischen Störung werden die gleichen Laute oder Wörter bei wiederholter Aussprache unterschiedlich gebildet. Die Aussprache ist also unregelmäßig.
Wenn dies bei etwa 40 % der Wörter auftritt, zählt die Störung zu dieser Kategorie. Betroffenen Kindern fehlen meist gefestigte Programme zur Wortbildung, sodass die Wörter bei jeder Aussprache neu konstruiert werden müssen.
Die Zuordnung zu einer dieser Ausprägungen ermöglicht den Therapeuten eine gezielte, störungsspezifische Therapie. Dies verbessert die Zusammenarbeit und steigert die Wahrscheinlichkeit eines hohen Therapieerfolgs deutlich.
Umschriebene Artikulationsstörungen
Seit September 2017 fordert das Komitee für Mehrsprachigkeit und Multikulturalität (MMAC) des Weltverbandes für Logopädie und Phoniatrie (IALP), dass spezifische Sprachentwicklungsstörungen, umschriebene Sprachentwicklungsstörungen und Spracherwerbsstörungen einheitlich als „Sprachentwicklungsstörungen“ bezeichnet werden. Ziel ist es, eine einheitliche Terminologie zu etablieren, die als Grundlage für eine zielgerichtete und interdisziplinäre Behandlung dient.
Wir schließen uns dieser Empfehlung an: In unseren Augen existieren ausschließlich Sprachentwicklungsstörungen, und die bisherige Definition der umschriebenen Artikulationsstörung ist veraltet.
Die logopädische Diagnose einer Artikulationsstörung erfolgt mithilfe von Sprachentwicklungstests, Bild-Benenn-Tests und Spontansprachanalysen. Diese Methoden ermöglichen eine detaillierte Betrachtung der Symptome, die von Ärztinnen und Ärzten häufig nicht ausreichend differenziert beschrieben werden können.
Mit verschiedenen Sprachentwicklungstests können Logopädinnen und Logopäden den aktuellen Stand der Sprachentwicklung eines Kindes ermitteln. Dabei werden unterschiedliche Bereiche geprüft, wie zum Beispiel Sprachverständnis, Grammatik und Aussprache (Phonetik).
Im Bereich der Artikulation werden dem Kind verschiedene Bilder gezeigt, die es benennen soll. Dies erlaubt der Therapeutin, einen Eindruck vom Wortschatz des Kindes zu gewinnen und bei Bedarf eine weiterführende Diagnostik durchzuführen. Während des Benennens werden die Äußerungen transkribiert, um jede Sprechweise genau zu dokumentieren. Auf dieser Grundlage kann die Aussprachestörung definiert und ein Therapiebedarf festgestellt werden.
Die Behandlung einer Artikulationsstörung erfolgt ressourcenorientiert, das heißt, die vorhandenen Fähigkeiten und die Motivation des Kindes werden aktiv in die Therapie einbezogen. So wird vermieden, dass das Kind ständig auf seine Schwierigkeiten aufmerksam gemacht wird.
Je nach betroffenen Lauten und der Art der Artikulationsstörung kann die eingesetzte Therapiemethode variieren.
Therapie phonetischer Artikulationsstörungen
Bei phonetischen Störungen – wie dem bekannten Lispeln – wird in der Regel nach der Methode von Charles Van Riper therapiert. Eine detaillierte Erklärung hierzu finden Sie im Abschnitt „Behandlung nach Charles Van Riper“.
Behandlung nach Charles Van Riper
Rein phonetische Artikulationsstörungen werden typischerweise nach Van Riper behandelt, dessen Konzept als Grundlage der Therapie dient. Sein Werk Speech Correction: Principles and Methods wurde bereits 1939 in den USA veröffentlicht. Das Hauptziel besteht darin, die korrekten Laute in allen Sprechsituationen zu verwenden.
Die Therapie beginnt meist mit der Förderung der auditiven Fremd- und Eigenwahrnehmung, da Van Riper davon ausgeht, dass ein Laut nicht verändert werden kann, wenn das Kind ihn nicht als falsch erkennen kann.
Die Modifikation des fehlgebildeten Lautes erfolgt schrittweise:
Isolierte Lautproduktion: Das Kind übt zunächst nur den einzelnen Laut, um die korrekte Artikulation zu erlernen.
Silbenebene: Vokale werden vor oder nach dem zu übenden Laut eingefügt, um den Schwierigkeitsgrad zu erhöhen.
Wortebene: Der Laut wird innerhalb von Wörtern geübt, wobei die Koartikulation und der semantische Inhalt zusätzliche Herausforderungen darstellen.
Satzebene: Die Übung erfolgt in Sätzen, bei denen das Kind den Satzbau planen muss, was die Aufmerksamkeit stärker beansprucht.
Transfer in den Alltag: Abschließend wird die korrekte Lautproduktion in alltäglichen Situationen gefestigt.
Therapie phonologischer Störungen
Bei phonologischen Artikulationsstörungen ist zu Beginn der Therapie häufig das Schulen der phonologischen Bewusstheit erforderlich, unabhängig von konkreten Sprachlauten. Dies erfolgt altersgerecht, zum Beispiel durch Arbeiten mit Reimen, Silben oder dem Erkennen gleicher Laute in Wörtern und Sätzen.
Ein bewährter Therapieansatz ist die Psycholinguistisch orientierte Phonologie-Therapie (P.O.P.T.) nach Annette Fox-Boyer, die bereits bei Kindern ab 3 Jahren angewendet werden kann.
Bei phonologischen Störungen spricht man von Prozessen, die beschreiben, wie das Kind Sprachlaute im Gegensatz zur ungestörten Sprachentwicklung verwendet. Treten mehrere Prozesse auf, wird zunächst eine Reihenfolge für die Behandlung festgelegt, bevor die eigentliche Therapie beginnt.
Die Therapie erfolgt in mehreren Schritten:
Das Kind wird geschult, die vom Therapeuten gesprochenen Laute als Geräusche zu erkennen und anhand ihrer Merkmale zu unterscheiden – zunächst isoliert, später innerhalb von Wörtern.
Sobald das Kind auf dieser Ebene Sicherheit gewonnen hat, beginnt es, die Laute selbst zu produzieren und aktiv voneinander abzugrenzen.
Wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihr Kind eine Artikulationsstörung hat, können Sie gerne einen kostenlosen Beratungstermin in meiner Praxis vereinbaren. Ich überprüfe den Verdacht und berate Sie zum weiteren Vorgehen.
Bestätigt sich der Verdacht, benötigen Sie einen Termin bei Ihrem Kinder-, Haus- oder HNO-Arzt, der Ihnen eine Verordnung für eine logopädische Behandlung ausstellt. Mit dieser Verordnung kann Ihr Kind in meiner Praxis eine ressourcenorientierte Therapie erhalten, die individuell auf Ihr Kind abgestimmt ist und die Artikulation gezielt verbessert.
Zu Beginn der Therapie erfolgt eine logopädische Diagnostik, um alle sprachlichen Bereiche zu überprüfen, die eventuell betroffen sein könnten. So kann eine bestmögliche Förderung Ihres Kindes gewährleistet werden.
Während der Therapiesitzungen ist es üblich, dass die erreichten Ziele durch Hausaufgaben im Alltag gefestigt werden. Daher ist die aktive Mitwirkung der Eltern besonders wichtig und erwünscht.
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